Job Crafting aus zwei Richtungen angehen

🗄️ Study | ⏱️ 10 Minuten | ✒️ Uta Menges

Inhalt
• Approach vs. Avoidance: Zwei Seiten der Crafting-Medaille
• Forschungsergebnisse: Was wirkt und was nicht?
• Empfehlung: Die Kombination ist entscheidend für den Erfolg
• Fazit

 

Approach vs. Avoidance: Zwei Seiten der Crafting-Medaille

Job Crafting ist längst mehr als ein Nischenthema in der Arbeitspsychologie. Immer mehr Menschen entdecken, dass sie ihre Arbeit selbst aktiv mitgestalten können – etwa indem sie Aufgaben anpassen, soziale Kontakte bewusst verändern oder der eigenen Tätigkeit mehr Sinn verleihen. Doch: Nicht jede Form der Veränderung wirkt gleich. Aktuelle Forschung zeigt, dass es entscheidend ist, wie Menschen ihre Arbeit neu gestalten. Es ist zu unterscheiden, ob Job Crafter entweder Förderliches ausbauen oder Belastendes reduzieren. Mit Blick auf die Job Crafting Dimensionen könnte man dies als Intensivierungs-Crafting beziehungsweise Vermeidungs-Crafting bezeichnen.

Die neuere Job-Crafting-Forschung unterscheidet daher zwischen diesen zwei Grundrichtungen:

Approach Crafting bedeutet, aktiv positive Aspekte in die Arbeit hineinzubringen – etwa neue Herausforderungen zu suchen, eigene Stärken gezielt einzusetzen oder hilfreiche Ressourcen auszubauen.

Avoidance Crafting hingegen zielt darauf, Belastendes zu reduzieren – zum Beispiel durch das Abgeben stressiger Aufgaben oder durch das Meiden schwieriger Situationen.

Diese Unterscheidung stammt ursprünglich aus der Motivationspsychologie und wurde erfolgreich auf Job Crafting übertragen. Beide Strategien sind grundsätzlich legitim. Doch ihre Wirkung ist keineswegs gleichwertig, vor allem nicht, wenn sie isoliert angewendet werden.


Forschungsergebnisse: Was wirkt und was nicht?

Drei aktuelle Studien geben einen fundierten Einblick, wie sich die Kombination von Approach und Avoidance Crafting auf Engagement und Leistung auswirkt:

1. Proaktive Gestaltung zahlt sich aus

Zhang, Tims und Parker [1] identifizierten in mehreren Studien drei typische Profile von Beschäftigten:

  • Proactive Crafters kombinieren hohes Approach Crafting mit moderatem Avoidance Crafting.

  • Active Crafters zeigen moderate Ausprägungen beider Strategien.

  • Reactive Crafters nutzen kaum Approach, dafür deutlich mehr Avoidance Crafting.

Das Ergebnis: Proactive Crafters sind mit Abstand die engagiertesten, leistungsstärksten und hilfsbereitesten Mitarbeitenden. Wer hingegen fast ausschließlich auf Vermeidung setzt, verliert an Energie und Effektivität. Die Mischung macht den Unterschied: Wer aktiv gestaltet, darf auch Belastungen reduzieren, ohne negative Effekte zu riskieren.

2. Denken und Handeln hängen zusammen

Eine weitere Studie von Costantini [2] untersuchte, wie sich kognitive Job-Crafting-Strategien auswirken, also die bewusste Neuausrichtung der eigenen Gedanken zur Arbeit. Menschen, die positive Aspekte in ihrer Arbeit stärker wahrnehmen (Approach Cognitive Crafting), sind engagierter, aber nur dann, wenn diese Denkweise mit konkretem Handeln einhergeht. Umgekehrt zeigt die bloße kognitive Vermeidung negativer Aspekte (Avoidance) kaum positive Effekte. Entscheidend ist also nicht nur, wie man denkt, sondern ob und wie dieses Denken in Taten übergeht.

3. Eine neue Messmethode zeigt Unterschiede

Lopper, Horstmann und Hoppe [3] entwickelten eine neue Skala, die Approach- und Avoidance-Crafting differenziert misst. Ihre Ergebnisse bestätigen: Beide Strategien sind unabhängig voneinander und wirken unterschiedlich. Während Approach Crafting Engagement und Leistung stärkt, ist Avoidance Crafting tendenziell mit geringerer Motivation verbunden, außer es wird gezielt kombiniert. Die Studie zeigt: Vermeidung allein hilft wenig. In der richtigen Dosierung kann sie aber sinnvoll sein als bewusster Schutz vor Überlastung.


Empfehlung: Die Kombination ist entscheidend für den Erfolg

Die zentrale Erkenntnis aller drei Studien: Approach Crafting wirkt stark und wird noch wirksamer, wenn es sinnvoll mit Avoidance Crafting ergänzt wird. Mitarbeitende, die aktiv gestalten, dürfen und sollen auch entlasten, reduzieren, vermeiden, solange dies nicht zur Hauptstrategie wird.

Es geht also nicht um ein Entweder-oder. Vielmehr ist die Balance entscheidend: Positive Gestaltung fördert Energie und Wirksamkeit, gezielte Vermeidung schützt vor Überforderung. Wer beides kann und klug kombiniert, gestaltet Arbeit nicht nur motivierend, sondern auch nachhaltig.

Was bedeutet das für Unternehmen und Job Crafter?

  • Fokus auf Approach Crafting legen: Individuelles Job Crafting sowie Trainings, Coaching oder Führung sollten vor allem das aktive Gestalten fördern. Mehr Autonomie, Feedback oder die Chance, eigene Stärken einzubringen, sind dafür hilfreich.

  • Bewusst mit Avoidance Crafting umgehen: Vermeidung darf kein Tabu sein. In stressreichen Phasen kann es hilfreich sein, Aufgaben zu reduzieren oder Prioritäten neu zu setzen. Dabei sollte jedoch gleichzeitig auch Positives aktiv gestaltet werden.

  • Persönliche Reflexion fördern: Besonders wirksam ist Job Crafting, wenn es nicht nur intuitiv passiert, sondern bewusst reflektiert und eingeordnet wird. Sowohl alleine als auch Gruppen oder Teams können dazu Tools, Fragebögen, Coaching oder kollegialer Austausch genutzt werden.


Fazit

Zwei Zahnräder

Job Crafting ist ein fein abgestimmtes Wechselspiel zwischen Aktivität und Achtsamkeit, zwischen Engagement und Selbstschutz. Die Forschung zeigt deutlich: Wer sowohl gestalten als auch entlasten kann, also Approach und Avoidance Crafting gezielt kombiniert, schafft nicht nur eine passgenauere Arbeit, sondern verfügt auch über mehr Energie, Leistung und Sinnhaftigkeit.

 

Referenzen:
[1] Zhang, F., Tims, M., & Parker, S. K. (2025). Combinations of approach and avoidance crafting matter: Linking job crafting profiles with proactive personality, autonomy, work engagement, and performance. Journal of Organizational Behavior, 46(3), 385–400
[2] Costantini A. Rethinking work: How approach and avoidance features of cognitive crafting are linked with job crafting behaviors and work engagement. Journal of Management & Organization. 2024;30(5):1499-1519. doi:10.1017/jmo.2022.79
[3] Lopper, E., Horstmann, K. T., & Hoppe, A. (2024). The Approach-Avoidance Job Crafting Scale: Development and validation of a measurement of the hierarchical structure of job crafting. Applied Psychology, 73(1), 93–134.

 

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